Adipositas
( Fettsucht ) zeigt sich in sichtbarem Übergewicht und
stark entwickeltem Fettgewebe. Nur selten liegen Stoffwechselerkrankungen
vor. Von Adipositas spricht man ab einem
BMI (Body-Mass-Index) von mehr als 30. Übergewicht und
Adipositas sind definiert als eine Vermehrung des Körpergewichtes
durch eine übermäßige Ansammlung von Fettgewebe
im Körper.
Klassifizierung von Adipositas
Die Klassifizierung der Adipositas erfolgt
mit Hilfe des Body-Mass-Index (BMI).
Übergewicht und Adipositas werden anhand
des BMI wie folgt eingestuft:
|
BMI |
Normalgewicht |
19-24,9 |
Übergewicht |
25-29,9 |
Adipositas Grad I |
30-34,9 |
Adipositas Grad II |
35-39,9 |
Adipositas Grad III |
> 40 |
Eine weitere Hilfsgröße
für die Klassifizierung der Adipositas ist der Taillenumfang.
Ein leicht bzw. stark erhöhtes Risiko liegt gemäß
WHO vor, wenn der Taillenumfang bei Männern über
94 bzw. 102 cm und bei Frauen über 80 bzw. 88 cm liegt.
Von abdominaler Adipositas (bauchbetont) spricht man wenn
der Quotient aus Taillen- und Hüftumfang (waist-hip-ratio,
WHR) bei Männern über 1,0 und bei Frauen über
0,85 liegt.
Häufigkeit von Adipositas
Jeder zweite erwachsene Deutsche ist übergewichtig
(BMI = 25-30) und jeder fünfte bis sechste adipös
(BMI > 30) . Die Tendenz ist steigend. Schon bei Schulkindern
liegt der Anteil adipöser Kinder (BMI > 30 ) bei ca.
15 %. Frauen sind von Adipositas häufiger betroffen als
Männer.
Gründe für Adipositas
1. Genetik
Genetische Faktoren spielen für die Entstehung von Adipositas
häufig (60-80 %) eine bedeutende Rolle. Die Erbanlagen
können beispielsweise zu einer vermehrten Nahrungsaufnahme,
zu einem verminderten Energieumsatz oder einer bevorzugten
Energiespeicherung in Form von Fett führen. Diese Veranlagung
kombiniert mit einem Kalorienüberschuss aufgrund einer
fettreichen Ernährung und Bewegungsmangel führt
zu Adipositas.
2. Umweltfaktoren
Die Fähigkeit Energie (Fett) zu speichern stellte in
Zeiten limitierter Nahrungsressourcen und somit während
des größten Teiles der menschlichen Evolution,
einen Selektionsvorteil dar und konnte so genetisch fixiert
werden. Erst in der heutigen Zeit mit einer fast unlimitierten
Nahrungsmittel-Versorgung in einigen Regionen der Erde, erweisen
sich die gleichen Erbanlagen als ungünstig für Gesundheit
und Überleben.
3. Psychologische Gründe
Eine Vielzahl psychischer Störungen können zu Adipositas
führen. Vor allem Störungen des Essverhaltens wie
die Binge-Eating-Störung oder depressive Störungen,
die mit einer übermäßig kalorienreichen Ernährung
einhergehen ("Essen aus Kummer", "Kummerspeck").
4. Regulation der Nahrungsaufnahme
Früher gab es selten ein im Übermaß vorhandenes
Nahrungsangebot. Es war für den Körper überlebensnotwendig
Energiereserven (Fettdepots) zu haben um Zeiten der Nahrungsknappheit
zu überstehen. Die Drosselung der Nahrungsaufnahme durch die Sättigung
dient nicht dazu, die Energieaufnahme zu blockieren, sondern
zu optimieren. Eine zeitliche Begrenzung der Nahrungsaufnahme
ist wichtig, um dem Körper die Zeit zu geben, die Nahrungsbestandteile
zu verdauen und aufzunehmen.
Sättigung entsteht durch ein komplexes Zusammenspiel
zwischen dem Magen-Darm-Trakt und dem Zentralnervensystem.
Die Energieaufnahme bei sehr energiedichten, fettreichen Nahrungssubstanzen
ist in vergleichbaren Zeiträumen höher als bei voluminösen
aber insgesamt energieärmeren Nahrungssubstraten (Kohlenhydrate,
Eiweiße, insbesondere Ballaststoffe). Diese grundlegenden
Regulationsmechanismen werden sehr stark durch den Verstand
und von sensorischen Einflüssen verändert. Der Genuss
der Nahrung überspielt sehr schnell die Sättigungsregulation
und begünstigt eine übermäßige Energieaufnahme.
Notwendigkeit einer Behandlung von Adipositas
Gemäß den Richtlinien der Deutschen
Adipositas-Gesellschaft besteht bei einem BMI von mehr als
30 grundsätzlich die Notwendigkeit einer Behandlung.
Die Eckpfeiler der Behandlung sind Änderung des Essverhaltens,
Ernährungsumstellung, Steigerung der körperlichen
Aktivität und Erarbeiten von Lösungen für Konflikte
und Probleme. Eine Behandlung von Übergewicht (BMI 25-29,9)
muss erfolgen, wenn gewichtassoziierte Symptome (Dyspnoe,
Gelenkschmerzen etc.) und/oder Folgeerkrankungen vorliegen
und/oder psychosozialer Leidensdruck besteht. Liegen keine
begleitenden Probleme vor, wird geraten, das Körpergewicht
mindestens zu halten bzw. optimalerweise beständig zu
reduzieren.
Eine Gewichtsreduktion sollte nicht durchgeführt werden
in der Schwangerschaft, der Stillzeit, bei konsumierenden
Erkrankungen wie Tuberkulose oder Krebs und anderen akuten
Erkrankungen. Im höheren Lebensalter (> 70 Jahre)
sollte eine Gewichtsreduktion, auf den Einzelfall bezogen,
sehr kritisch hinterfragt werden. Bei chronischen Erkrankungen
müssen Nutzen und Risiken gegeneinander abgewogen werden.
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Essen als Ersatz. Wie man den Teufelskreis durchbricht von Geneen Roth
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Risiken bei Adipositas
1. Erhöhter Blutdruck
(Hypertonie)
50 Prozent aller Hypertoniker sind adipös. Erhöhter
Blutdruck (Hypertonie) ist die häufigste Begleiterkrankung
von Adipositas. In der NHANES-II-Studie konnte in der Gruppe
der 20- bis 75-jährigen, bei einem BMI > 27, ein dreimal
höheres und bei 20- bis 45-jährigen ein sechsmal
höheres Auftreten von Bluthochdruck festgestellt werden.
Weitere Studien kamen zu vergleichbaren Ergebnissen.
Gewichtsabnahme führt regelhaft zu einer Senkung der
Blutdruckwerte.
2. Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus Typ 2)
80 Prozent aller Diabetiker sind adipös. Zahlreiche Untersuchungen
belegen einen engen Zusammenhang zwischen Adipositas und Diabetes
mellitus Typ 2. Bereits ein BMI im oberen Normalgewichtsbereich
erhöht das Diabetesrisiko. Das Risiko eine Zuckerkrankheit
zu entwickeln ist bei einer stammbetonten Fettverteilung (bauchbetont)
höher als bei hüftbetonter Fettverteilung. Daneben
steigt das Diabetesrisiko auch mit der Dauer der Adipositas
an.
3. Fettstoffwechselstörungen wie Hyperlipidämie
(zu hoher Gehalt an Blutfetten) und Dyslipidämie (Störung
des Blutfettgehaltes)
50 Prozent aller Personen mit Fettstoffwechselstörungen
sind adipös. Man findet bei adipösen Menschen hauptsächlich
eine Erhöhung der Triglyzeridspiegel im Blut, die zu
einer Absenkung des HDL-Cholesterins führt. Das Gesamtcholesterin
und entsprechend das LDL-Cholesterin steigen weniger dramatisch
an als die Triglyzeridspiegel. Besonders problematisch ist
das LDL-Cholesterin bei abdominal (bauchbetont)-adipösen
Patienten.
4. Koronare Herzerkrankung, Herzinsuffizienz
Das Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden bzw. an einem Herzinfarkt
zu versterben, steigt mit zunehmendem BMI an. Herzinsuffizienz
ist eine häufige Komplikation bei starkem Übergewicht
und eine wesentliche Todesursache. Das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen
ist abhängig von der Dauer des Übergewichts. Die
Entwicklung einer Herzinsuffizienz wird begünstigt durch
das gleichzeitige Vorhandensein von Bluthochdruck und Diabetes
melitus Typ 2.
5. Schlaganfall
Das Schlaganfallrisiko steigt ebenso mit zunehmenden BMI.
Bei Frauen ist das Schlaganfallrisiko mit einem BMI > 27
um 75 % höher und mit einem BMI > 32 um 137 % höher
als mit einem BMI im Normalbereich.
6. Mortalität (Sterblichkeit)
Ab einem BMI > 25 beginnt die Sterblichkeit zu steigen.
Der Anstieg der Sterblichkeit ist bis zu einem BMI von 30
nicht besonders ausgeprägt. Ab einem BMI > 30 steigt
die Sterblichkeit, gleich welcher Ursachen, deutlich an. Besonders
betroffen sind Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen,
bei denen die Sterblichkeit um 50-100 % höher liegt, im
Vergleich zu Personen mit einem BMI zwischen 20 und 25.
7. Schlafapnoe-Syndrom (Atempause im Schlaf)
Übergewicht ist ein Hauptrisikofaktor für die Entwicklung
des Schlafapnoe-Syndroms. Etwa zwei Drittel aller Patienten
mit Schlafapnoe-Syndrom sind adipös.
8. Gicht
Mit zunehmendem Körpergewicht steigt das Risiko, eine
Gicht zu entwickeln, an. In zahlreichen Untersuchungen zeigte
sich eine Wechselbeziehung des Gewichtes mit der Harnsäurekonzentration
im Blut. Noch stärker als mit dem Gewicht korreliert
der Taillen-/Hüftumfang mit der Erhöhung der Harnsäure-Konzentration
im Serum.
9. Gallenblasenerkrankungen
Neben anderen Risikofaktoren erhöht die Fettsucht das
Risiko zur Bildung von Gallensteinen erheblich.
10. Orthopädische Komplikationen
Durch die übermäßigen Belastungen der Wirbelsäule
und der unteren Extremitäten begünstigt Fettsucht
das Auftreten von Arthrosen und Rückenschmerzen.
11. Psychosoziale Komplikationen
Durch die negative Bewertung des Übergewichtes durch
die Gesellschaft kann es zu psychosozialen Komplikationen
kommen.
In den letzten Jahrzehnten sank das gesellschaftliche Ansehen
der Adipösen aufgrund der Jugend- und Fitnessorientierung
ganz erheblich. Dadurch stieg die soziale Diskriminierung
an. Übergewichtige Menschen werden seltener als Freunde
akzeptiert, gelten als weniger sympathisch und weniger attraktiv.
Das Gewicht wirkt sich nachweisbar auch auf das durchschnittliche
Einkommen und auf berufliche Aufstiegschancen aus. Ihnen werden
Adjektive wie: "willensschwach", "ungeschickt" und "hässlich"
zugeschrieben.
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Ich hab's satt! Wenn Essen zum Problem wird. Essstörungen erkennen, verstehen und überwinden Dr. Kathrin Beyer, Annette Beuckmann-Wübbels
Übergewicht und seine seelischen Ursachen: Wie Sie Schuldgefühle überwinden und dauerhaft schlank werden von Doris Wolf
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